Studie: Forscher Erstmals Mikroplastik in Lungen lebender Menschen gefunden | STERN.de

2023-01-05 18:46:01 By : Ms. Eleanor Deng

Zum ersten Mal haben Wissenschaftler in den Körpern lebender Menschen Mikroplastik nachgewiesen. Die Proben seien aus dem Lungengewebe von 13 OP-Patienten entnommen worden – bei elf von ihnen sollen die Forscher mikroskopische Plastikpartikel gefunden haben.

Die Ergebnisse der Studie, die von Wissenschaftlern der britischen University of Hull und der Hull York Medical School durchgeführt wurde, erschienen Ende März in der Fachzeitschrift "Science of The Total Environment". Mehrere englischsprachige Medien hatten darüber berichtet.

Dass die Verschmutzung unserer Luft durch Plastikpartikel auf dem gesamten Planeten zunimmt – insbesondere in Ballungsräumen – sei bereits hinreichend belegt, so die Studienautoren. Vor allem für Menschen, die in Industrieanlagen arbeiten, stelle die steigende Konzentration von Mikroplastik ein ernstes gesundheitliches Problem dar. Die winzigen Plastikteilchen können sowohl über die Atemwege als auch über Nahrung und Wasser in den Körper gelangen. Wie die US-Website "Science Daily" berichtete, hatten im vergangenen Jahr Ozeanographen unter der Leitung von Forschern der Kyushu University Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, wonach in den Weltmeeren schätzungsweise 24,4 Billionen Mikroplastikteile mit einem Gesamtgewicht von 82.000 bis 578.000 Tonnen schwimmen – das entspräche etwa 30 Milliarden 500-ml-Plastikwasserflaschen.

"Mikroplastik wurde bereits in Autopsieproben von menschlichen Leichen gefunden; dies ist die erste solide Studie, die Mikroplastik in den Lungen von lebenden Menschen nachweist", zitiert das US-Nachrichtenportal "Bloomberg" Laura Sadofsky, eine der Hauptautorinnen der Studie. Erstaunlich sei, dass die Plastikpartikel im unteren Teil der Lungen gefunden wurde – niemand habe vermutet, dass die Teilchen so tief in die engen Atemwege gelangen könnten. Auch die Größe der Partikel von bis zu 0,003 mm habe die Wissenschaftler überrascht.

"Diese Daten stellen einen wichtigen Fortschritt auf dem Gebiet der Luftverschmutzung, des Mikroplastiks und der menschlichen Gesundheit dar", zitiert der britische "Guardian" Sadofsky weiter. Die Studienergebnisse könnten nun als Voraussetzungen für Laborexperimente dienen, um die Auswirkung von Mikroplastik auf den Menschen zu untersuchen.

Die Proben, so der "Guardian", hätten Chirurgen des Castle Hill Hospital in East Yorkshire bei lebenden Patienten im Rahmen von Routineeingriffen entnommen und den Forschern zur Verfügung gestellt. Letztere hätten insgesamt zwölf Arten von Plastik nachgewiesen – am häufigsten Polypropylen und PET, das in Kunststoffverpackungen bzw. Flaschen verwendet wird. Bei den männlichen Patienten sei der Mikroplastikanteil deutlich höher gewesen als bei den weiblichen.

Vergangenen Monat, so berichtet der "Guardian" weiter, sei Mikroplastik auch das erste Mal in menschlichem Blut nachgewiesen worden. Dies beweise, dass die Partikel durch den Körper wandern und sich an Organen festsetzen können. Ob und inwieweit dies gesundheitliche Folgen hat, sei noch nicht belegt. Die Forscher seien jedoch besorgt, weil Mikroplastik bei Laborexperimenten Schäden an menschliche Zellen verursacht habe.

Quellen: Studien-Pre-Proof; "The Guardian"; "Bloomberg"

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